Friedensnobelpreis 1906: Theodore Roosevelt

Friedensnobelpreis 1906: Theodore Roosevelt
Friedensnobelpreis 1906: Theodore Roosevelt
 
Der amerikanische Präsident erhielt den Nobelpreis für seine Vermittlung im Russisch-Japanischen Krieg.
 
 
Theodore Roosevelt, * New York 27. 10. 1858, ✝6. 1. 1919 Oyster Bay (New York); 1882-84 Abgeordneter im Parlament von New York, 1889-95 Mitglied der Kommission für den öffentlichen Dienst in Washington, 1895-97 Polizeichef von New York, 1897-98 Unterstaatssekretär im Marineministerium, 1898-1900 Gouverneur von New York, 1901 Vizepräsident der USA, 1901-09 Präsident der USA.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Die Reaktionen auf die Verleihung des Friedensnobelpreises von 1906 an den amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt waren geteilt. Nicht etwa der Umstand, dass erstmals ein Amerikaner einen Nobelpreis erhielt, führte zu Verstimmungen. Auch konnte man sich damit anfreunden, dass nicht, wie bisher, ein Mitglied einer Friedensbewegung, sondern ein regierender Politiker ausgezeichnet wurde. Zweifel bestanden vielmehr daran, ob Roosevelt ein geeigneter Preisträger war. Deutlich genug hatte er sich immer wieder für ein militärisch starkes Amerika ausgesprochen. In seiner Biografie fanden sich außerdem zahlreiche Belege dafür, dass er kriegerische Aktionen als Mittel der politischen Auseinandersetzungen für durchaus erlaubt hielt. Und wenn das Nobelpreiskomitee speziell Roosevelts Vermittlerrolle im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05 würdigte, so hielten viele Kritiker dieses Eingreifen weniger für eine friedensstiftende Tat als vielmehr für den Versuch, Amerikas Interessen im Pazifik zu wahren. Es konnte den USA nicht daran gelegen sein, dass entweder die Russen oder die Japaner zur Vormacht in dieser strategisch wichtigen Region aufsteigen würden. So brachte Roosevelt die Kontrahenten an den Verhandlungstisch, und im Vertrag von Portsmouth vom 5. September 1905 wurden die Differenzen offiziell beigelegt. Die Kritiker gaben gern zu, dass Roosevelt durch seine Initiative den Tod von womöglich Tausenden von Menschen verhindert hatte. Die eigentlichen Gewinner des Russisch-Japanischen Kriegs aber waren zweifellos die Amerikaner und ihr Präsident Roosevelt.
 
 Nachfolger des ermordeten McKinley
 
Präsident der Vereinigten Staaten war Theodore Roosevelt im Jahr 1901 geworden. Er kam in dieses Amt, nachdem sein Vorgänger William McKinley Opfer eines Attentats geworden war und Roosevelt als Vizepräsident automatisch dessen Nachfolge angetreten hatte. 1904 wurde er als Kandidat der Republikaner im Amt des Präsidenten bestätigt. Eine politische Karriere war Roosevelt freilich nicht vorgezeichnet gewesen. Als Sohn eines reichen New Yorker Geschäftsmanns finanziell unabhängig, galt seine Leidenschaft zunächst den Naturwissenschaften und vor allem der Geschichte. Bis zu seinem Tod veröffentlichte Roosevelt 15 Bücher meist über patriotische Themen der amerikanischen Geschichte und machte sich einen Namen als Historiker.
 
Seine politische Laufbahn begann 1882 als Abgeordneter der Republikaner im Parlament des Bundesstaates New York. Bereits hier zeigte er eine ausgeprägte Neigung zu sozialen und wirtschaftlichen Reformen, die ihn auch später immer wieder in Konflikt mit seinen konservativen Parteifreunden brachte. Nach einem vorübergehenden Ausstieg aus der Politik und einer eher beschaulichen Tätigkeit als Rinderzüchter und Schriftsteller kehrte Roosevelt auf die politische Bühne zurück und durchlief eine abwechslungsreiche Karriere. 1889 trat er in den Stab des Präsidenten Benjamin Harrison in Washington ein. Zwischen 1895 und 1897 stellte er als Polizeichef von New York seine Fähigkeiten in der Bekämpfung der Kriminalität unter Beweis. Als Unterstaatssekretär im Marineministerium sorgte er in den folgenden Jahren für den Aufbau einer schlagkräftigen Kriegsflotte. Dies sah er als notwendig an, weil es in dieser Zeit zu wachsenden Spannungen mit Spanien wegen den mittel- und südamerikanischer Besitzungen kam. In diesem Zusammenhang gewann der spätere Friedensnobelpreisträger in der amerikanischen Öffentlichkeit einen geradezu legendären Ruf, als er als Anführer einer Freiwilligentruppe, den »Rough Riders« (Raue Reiter), auf Kuba die Festung San Juan Hill stürmte. Diesem Husarenstück verdankte Roosevelt nach der Rückkehr seine Wahl zum Gouverneur von New York.
 
Als Präsident profilierte sich Roosevelt im Innern als reformfreudiger Politiker. Mutig stellte er sich der Macht der großen Unternehmen entgegen. Einer seiner frühen Passionen folgend widmete er sich mit besonderem Interesse dem Naturschutz.
 
In der Außenpolitik war Roosevelt bestrebt, Amerikas Geltung zu stärken. Die amerikanische Außenpolitik stellte er auf eine neue programmatische Grundlage, indem er die Monroe-Doktrin erheblich erweiterte. 1823 hatte Präsident James Monroe besonders die europäischen Staaten davor gewarnt, sich in die inneren Angelegenheiten der USA einzumischen. Dadurch sollten europäische Eingriffe in die von den Amerikanern beanspruchten Interessensgebiete in der westlichen Hemisphäre eingedämmt werden. Roosevelt leitete daraus eine Aufsichts- und Schutzfunktion der USA speziell über die Staaten Lateinamerikas ab. Ein erster Testfall für diese offensive Politik war der Panamakonflikt von 1903. Roosevelt unterstützte Panama im Kampf um die Unabhängigkeit von Kolumbien und sicherte sich damit die Rechte auf den strategisch wichtigen Panamakanal, dessen Bau im Jahr 1906 begonnen wurde.
 
Nach dem Ende seiner Präsidentschaft (1909) geriet Roosevelt in zunehmenden Gegensatz zu seinen konservativen republikanischen Parteifreunden und gründete aus Protest die reformorientierte »Progressive Party«. Für diese trat er 1912 erneut als Präsidentschaftskandidat an, unterlag jedoch dem demokratischen Bewerber Woodrow Wilson (Nobelpreis 1919). Im Ersten Weltkrieg wurde Roosevelt zu einem scharfen Kritiker der Politik Wilsons. Dessen neutrale Haltung sah er als schädlich für die Interessen Amerikas an, er plädierte für ein stärkeres militärisches Engagement der USA. Umso mehr begrüßte der Friedensnobelpreisträger von 1906 den Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg im Jahr 1917. In seiner Begeisterung wollte sich der knapp 60-jährige Roosevelt sogar zum aktiven Militärdienst melden, wurde jedoch altersbedingt abgelehnt. Nach Kriegsende stand er in Opposition zur Friedenspolitik Wilsons. Anfang 1919 starb der gesundheitlich schon lange angeschlagene Roosevelt.
 
Mit der Auszeichnung Roosevelts im Jahr 1906 hatte das Nobelpreiskomitee neue Wege beschritten. Politikern wurde signalisiert, dass auch ihre Bemühungen mit dem begehrten Preis geehrt werden konnten. Dabei durfte es sich auch, wie im Fall Roosevelts, um eine einmalige Friedensleistung und nicht wie bei den Preisträgern davor um ein Lebenswerk im Dienst des Friedens handeln. Bei Roosevelt haben viele seiner Kritiker indes auch eine für die Folgezeit wesentliche Initiative für den Frieden übersehen. 1902 setzte er sich für die Eröffnung des Internationalen Schiedsgerichtshofes in Den Haag ein, dessen Gründung drei Jahre zuvor auf der ersten Haager Friedenskonferenz beschlossen worden war. Dort wurden auch noch während der Präsidentschaft Roosevelts internationale Streitfälle geschlichtet, wie etwa ein alter Konflikt zwischen den USA und Mexiko.
 
H. Sonnabend

Universal-Lexikon. 2012.

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